Im heutigen 23. Bezirk wurde der erste Bienenzuchtverein im Jahre 1920 in Rodaun gegründet. Gründungsväter waren neben Imkern aus der näheren Umgebung auch Mitglieder des damaligen Vereins in Hietzing Wien-Westend. Bei der Gründung beteiligt war auch Frater Herbst vom Jesuiten-Kollegium in Kalksburg der auch in Folge starken Einfluss im Verein hatte. Das Kollegium war bis voriges noch Mitglied im Verein und auch jetzt gibt es noch Bienen am Schulgelände, die von einem Lehrer betreut werden. Mit dem Nachbarverein Perchtoldsdorf wurde über Standschauen engen Kontakt gehalten. Der Verein in Gießhübel war überhaupt der erste Zweigverein des damaligen Reichsverbandes. In Inzersdorf wurde etwas später gleichfalls ein Bienenzuchtverein gegründet. In Mauer waren die Imker seit 1903 im Gartenbauverein Mauer integriert. Bienenhaltung war aber nicht eine Erscheinung des beginnenden 20. Jahrhundert, sondern es darf angenommen werden, dass – so wie in jeder landwirtschaftlichen Region – es auf den Bauernhöfen schon immer Bienenhaltung vorhanden war.
Eine alte Zeichnung der oberen Burg in Mauer aus dem Jahre 1672 zeigt die Engelsburg umgeben von Weingärten und an der Hausmauer eine Strohkorbstellage. Neu um diese Zeit der Vereinsgründung war, dass verstärkt Nichtlandwirte eine Imkerei begannen. Für eine Imkerei ist nur geringer Platzbedarf notwendig, so dass in jedem Hausgarten ein kleiner Stand eingerichtet werden konnte. Besonders Eisenbahnbedienstete, Lehrer und Handwerker begannen mit der Imkerei, um mit dessen Erzeugnissen für Ihren Lebensunterhalt beizusteuern. Es waren jeweils nur wenige Stöcke, die ein einzelner Imker hatte und auch der Ertrag war ein geringer; doch für die eigene Familie und die nächste Verwandtschaft reichte es immer.
Ziel der Vereine war die Unterstützung der Imker bei der Umstellung vom Stabilbau (Korbbienenzucht) auf den Mobilbau (bewegliche Rähmchen), der gemeinsamen Anschaffung von Beuten und Geräten, die Verbesserung der Tracht, die Verhinderung von verfälschtem Honig und die Bildung von Wandergemeinschaften. Gab es damals auch immer ein wenig Tracht, so bestrebten doch schon einige Imker durch die Buchweizenblüte ins Marchfeld mehr Honig zu ernten. Im Jahre 1938 fand eine gravierende Änderung in den Vereinen für die Bienenzucht statt. Für den nunmehr 25. Bezirk wurde nur mehr ein Verein – es war dies der Rodauner – belassen und den Kleintierzüchtern unterstellt. Alle anderen Vereine bzw. imkerliche Teile wurden aufgelassen. In den Kriegswirren gingen viele Bienenstände zu Schaden, obwohl die Direktversorgung der Grundbesitzer vorgeschrieben war.
Jedoch nach dem Krieg ging es rasch wieder aufwärts. Bereits 1950 – anlässlich der Ausstellung zum 30-jährigen Bestehen konnte der Verein in Rodaun über 100 Mitglieder verzeichnen. Neben der notwendigen Besorgung des Winterfutters waren auch Materialien für Beuten und Geräte knapp, so dass vieles improvisiert werden musste. Doch schon begannen die Imker auch wieder mit Ihren Bienenvölkern zu wandern. Zuerst in den nahgelegenen Wienerwald, später auch in die Region Schneeberg und in das Waldviertel zur Waldtracht. Für den begehrten Akazienhonig wurde in das Weinviertel gewandert. Mehrere Imker fanden sich zu einer Wandergruppe zusammen; gemeinsam wurde auf einen LKW die Hausstände am Abend angefahren und die wanderbereiten Völker aufgeladen und in die ausgewählte Trachtgegend transportiert. Am nächsten Morgen wurde am Wanderstand abgeladen und der Bienenflug freigegeben. Vor allem in die Waldtracht mit ihrem dunklen Honig wurde an gewandert. Meistens konnte ein Imker vor Ort auf die Völker aufpassen und betreuen. Die Honigernte erfolgte wieder gemeinsam direkt vor Ort. Mitte August ging es wieder auf die Hausbienenstände zurück um die Völker einzuwintern. Heute ist die Zahl der Imker im Verein stark gesunken; derzeit gibt es 35 Mitglieder. Überalterung, ein gesichertes Einkommen und die fehlende Bereitschaft zur Übernahme einer bestehenden Imkerei lassen die Zahl der Bienenstände schrumpfen. Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer, so gibt es nun einige Jungimker die aus Liebe zur Natur und der Begeisterung für ein außergewöhnliches Hobby mit der Imkerei anfangen. So sind in den letzen Jahres viele Neuimker dazugekommen, so dass im Jahre 2010 der Verein nun 55 Mitglieder hat. Das Einstiegsalter in die Imkerei liegt derzeit im Durchschnitt bei 40 Jahren. Der überwiegende Teil der Imker ist jedoch bereits in der Pension.
Durch die zunehmende Verbauung des Bezirkes finden sich heute die Bienenstände fast nur am westlichen Rande zum Wienerwald hin. In Mauer, Rodaun und Kalksburg finden sich die meisten Stände, östlich der Südbahn sind solche nur spärlich anzutreffen. Doch gibt es auch einige Imker die im 23. Bezirk wohnen und ihren Bienenstand außerhalb von Wien (bis in das Waldviertel hinaus) haben. Weiter sind viele Imker aus Laab im Walde und Breitenfurt in Rodaun Mitglied, so dass es unter den Imkern keine Landesgrenze gibt. In der Regel ist die Anzahl der betreuten Völker unter 10, die leicht am Wochenende betreut werden können. Schwerpunkt der Bienenarbeit ist der Mai und Juni, sowie der Juli zur Ernte. Da der Feldanbau von blühenden Saaten (Raps und Sonnenblume) nur am östlichen Rande des Bezirks vorkommt, stammt die Tracht (Pflanzen, die Nektar für die Bienen abgeben) im Bezirk vor allem aus den Gärten, den Alleen, den Wiesen und den Waldrändern. Im Frühling ist neben der wichtigen Versorgung der Bienen durch den Pollen der Weide (Palmkätzchen), die Obstbaumblüte (vor allem Kirsche und Apfel), die Roßkastanie, der Ahorn, die Akazie sowie die frühblühenden Sträucher die Haupttracht. Wobei bei den Sträuchern die einheimischen die wertvollsten sind, da eingeführte Arten (wie z.B. das Goldglöckchen) keinen Nektar abgeben. Ebenso sind gefüllte Blüten für die Bienen nicht interessant, darum gibt bei diesen Arten auch wenig Fruchtbehang. Ab Juni ist dann in unserer Lage die Linde ein wichtiger Baum für eine gute Tracht. Dort wo Wiesen nicht sofort geschnitten werden und nicht überdüngt ist, ergibt sich auch hier eine gute Möglichkeit zur Honiggewinnung. Mitte Juli ist die Tracht zu Ende, außer es befinden sich nun einige Schnurbäume in der Nähe. Diese wurden vom Stadtgartenamt in den letzten Jahren in Neubaugebieten gerne gesetzt, da diese Art sehr Industriefest ist. Leider verschwinden in den Hausgärten nun zunehmend die Obstgehölze, die durch sterilen Rasen oder Koniferen ersetzt werden. Später im Herbst gibt es aus den Ziergärten eine gute Pollenversorgung.
Josef Beier
(Stand 2010)